Experimentelle Psychotherapiewissenschaft – Das Methodenprogramm der Wiener Therapieschulenforschung von Kurt Greiner

In Kurt Greiners Lehrbuch „Experimentelle Psychotherapiewissenschaft. Das Methodenprogramm der Wiener Therapieschulenforschung“ sind erstmals sämtliche Methoden, Verfahrensvarianten und Technikkonzepte dieses innovativen Therapieschulenforschungsprogramms systematisch versammelt.

Mit der Materialienzusammenstellung liegt ein Einführungswerk in die Experimentelle Psychotherapiewissenschaft vor, in dem Regelsysteme präsentiert, Funktionsbeispiele angeführt sowie Einblicke in forschungspraktische Anwendungen geboten werden.

Seit 2007 hat Kurt Greiner an der Sigmund Freud PrivatUniversität ein spezielles Programm zur Erforschung der Psychotherapie etabliert, das er Experimental- und Imaginativ-hermeneutische Psychotherapiewissenschaft nennt. Dieses orientiert sich am Konstruktiven Realismus des Philosophen Friedrich G. Wallner, der die Hermetik wissenschaftlicher Sprachsysteme aufbricht, indem er die zentralen Fachbegriffe einer Disziplin in ganz andere Kontexte einbettet. Dies kann z.B. ein literarischer Text sein, in dem einige Wörter durch die Fachbegriffe der wissenschaftlichen Disziplin ersetzt werden. Es ergibt sich ein „Verfremdungseffekt“, der zur Reflexion über die Fachbegriffe und die psychotherapeutischen Verfahren anregt und diesen ganz neue Dimensionen erschließen kann. Auch die literarischen Texte erscheinen so in einer neuen Perspektive.

Kurt Greiner wendet dieses intertextuelle Verfahren auf Texte ganz unterschiedlicher Art an, z.B. auch auf Inhaltsbeschreibungen von Filmen. So begeben sich die zentralen Begriffe der Freudʼschen Psychoanalyse mit Meryl Streep gemeinsam auf einen wilden Fluss. Die ersten Sätze einer Inhaltsangabe des Films „Am wilden Fluss“ aus dem Jahr 1994 lauten wie folgt: „Urlaub ist zum Entspannen da. Für Gail (Meryl Streep) und Tom (David Strathairn) wird der Aufenthalt in den Bergen Montanas jedoch alles andere als geruhsam. Gemeinsam mit ihrem Sohn fällt die Familie beim Wildwasser-Rafting in die Hände des Bankräubers Wade (Kevin Bacon) und dessen Komplizen.“ Nachdem die zentralen Begriffe dieser Inhaltsangabe durch psychoanalytische Begriffe ersetzt wurden, ergibt sich folgender Text: „Bedürfnisse sind zur Befriedigung da. Für das Ich und das Über-Ich wird der Aufenthalt im psychischen Apparat jedoch alles andere als befriedigend. Gemeinsam mit dem Es fallen die psychischen Provinzen beim Bedürfnisse befriedigen in die Hände des Angstsignals.“

Das Verfahren lässt sich entsprechend auch auf andere Psychotherapieverfahren wie z.B. Verhaltenstherapie oder Systemische Therapie anwenden. Kurt Greiners Experimentelle Psychotherapiewissenschaft stellt einer der ersten innovativen Methoden in dieser noch jungen Disziplin dar.

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Kurt Greiner, Univ.-Prof. DDr., lehrt und forscht seit 2007 auf dem Gebiet der Psychotherapiewissenschaft an der SFU Wien, habilitierte sich 2012 mit der Lehrbefugnis für Philosophie der Psychotherapiewissenschaft und wurde 2016 zum Universitätsprofessor im Bereich Psychotherapiewissenschaft ernannt.
Er begründete die „Experimental- und Imaginativhermeneutische Psychotherapiewissenschaft“ und leitet gemeinsam mit dem Philosophen und Psychologen Martin Jandl das „Institut für Hermeneutische Therapieschulenforschung & Therapieschulendialog“.